Kriegswirtschaft?

Das politische Gebaren in Deutschland nimmt zunehmend das Gepräge einer Kriegswirtschaft an. Bundeskanzler Scholz hält inzwischen staatstragende Reden zur europäischen Luftverteidigung.

In Kanada beschwört er die Freundschaft beider Länder, als ob es so etwas gäbe wie die Freundschaft zwischen Ländern. Während Wasserstofflieferverträge in den höchsten Tönen gelobt werden, verliert der Kanzler kein Wort über das physikalische Thema `Wirkungsgrad` oder gar `Preis´.

Wirtschaftsminister Habeck, seine weltweite Erdgas- und Wasserstoff-Einkaufstour unterbrechend, ersinnt derweil neue Abgaben (Gasumlage) und kündigt – sekundiert von der EU – zusätzliche staatliche Eingriffe in den Energiemarkt an. Einmal mehr vernehmen wir das Wort der Systemrelevanz zur Rechtfertigung staatlicher Unternehmensrettungen, wenn es um die sogenannte Gasumlage geht, die im Wesentlichen eine Uniper-Rettungsumlage darstellt. Zudem scheint der sogenannte `Mietpreisdeckel´ im ´Gaspreisdeckel´ nunmehr eine Fortsetzung zu finden. Derweil mühte sich Finanzminister Lindner vergeblich, eine ´Übergewinnsteuer´ zu verhindern, sehr wohl wissend, dass erstens die Einnahmen des Staates angesichts der galoppierenden Inflation sprudeln und zweitens diejenigen Unternehmen, die mehr verdienen, automatisch höhere Ertragsteuern zahlen müssen. Man kann es nämlich drehen wie man will, der Staat gewinnt immer.

Vielen Bürgern wird jetzt schlagartig klar, wie beliebt und verheerend zugleich zahlreiche politische Entscheidungen der letzten Jahrzehnte waren. Symbolisch entfaltet vielleicht die vorschnelle Einführung des Euro die größte Signalwirkung. Entgegen der euphemistischen Ankündigungen ist die Gemeinschaftswährung keineswegs eine zweite D-Mark geworden. Staatsfinanzierung durch die Notenpresse ist im Euroraum inzwischen ebenso Realität wie Transfer- und Schuldenunion. Vorstechendes Charakteristikum der Euro-Ära sind schwaches Wirtschaftswachstum und ein Abstieg gegenüber Nordamerika und Asien.

Kaum besser steht es um die vielbesungene und von allen etablierten Parteien vorangetriebene Energiewende. Während in Chicago der Strompreis pro Kilowattstunde für mein Haus bei 13 US-Cent liegt, berichten mir Kollegen und Freunde von Preisen von 50 Euro-Cent in Deutschland. Man muss kein Ökonom sein, um zu befürchten, dass für energieintensive Branchen aus dieser Diskrepanz unüberwindbare Standortnachteile entstehen.

Um der Energiepreisinflation beizukommen wäre es das Klügste, intelligente Rahmenbedingungen zur Ausweitung des Energieangebots zu setzen. Überhaupt ist bei einer durch Angebotsmangel verursachten Inflation der Fokus der Wirtschaftspolitik auf Angebotsverbesserungen zu legen. Beim Erdgas bietet sich zur Angebotsausweitung das Fracking in Deutschland an, während das Stromangebot angesichts der aktuellen kriegsbedingten Notlage und ohne dauerhafte Vernachlässigung der verfolgten Klimapolitik durch verstärkten Einsatz von Kohlekraftwerken sowie dem Weiterlaufen bzw. Neuanfahren von Atomkraftwerken wirksam zu begegnen wäre. Ob aber die deutsche Politik derartig pragmatisch regieren kann, scheint doch sehr fraglich zu sein. Viel eher ist mit zunehmendem staatlichem Dirigismus zu rechnen, eben so, als wären wir in einer Kriegswirtschaft.


Aus Chicago

Ihr

Dr. Christoph Bruns