TeamViewer: Das Geschäftsmodell ist gut gemauert

Wie nahezu alle deutschen Nebenwerte wurden die Aktien von TeamViewer seit Oktober ordentlich abgestraft. Warum sind sie im LOYS Premium Deutschland Fonds weiterhin vertreten, obwohl der Kurs vor wenigen Tagen ein Allzeittief markierte? Fondsmanager Markus Herrmann sortiert die Fakten.

Es ist eine kurze, aber wirkungsvolle Liste, die den Kursverlauf in den letzten 12 Monaten bestimmt hat. Das Remote-Konnektivität-Unternehmen gilt als Stay-at-home-Aktie, also als Profiteur von Corona-Schließungen und Home-Office-Anordnungen. Zudem publizierte das Management Anfang 2021 einen Gewinnausblick, der sich später als zu optimistisch herausstellte. Vor allem waren Anleger irritiert von der Idee, mit teurem Sponsoring bei Fußball und Formel 1 die Markenbekanntheit zu fördern. Mit der Meldung über die Sponsoren-Verträge setzten Gewinnmitnahmen ein.

Markus Herrmann nutzte dies zum Einstieg in den deutschen Software-Highflyer mit globaler Strategie. Aber fortwährende Zweifel seitens der Analysten und die gesunkene Profitabilität veranlassten Vorstand und Aufsichtsrat zu einer Überprüfung. Das Gremium bestätigte grundsätzlich die Geschäftsstrategie des Unternehmens, legte dem Vorstandsvorsitzenden Oliver Steil aber Veränderungen im obersten Führungsgremium nahe. Demzufolge erneuert man in diesem Jahr die Besetzung der Finanz- und Marketingvorstandsposten und auch auf der Ebene darunter werden Anpassungen vorgenommen.

Was genau ist die TeamViewer-Strategie?

Es gibt einen seit Jahren steigenden Bedarf nach Fernzugriffsoptionen auf Computerarbeitsplätze oder ganz allgemein nach einer Technik, um online zusammenzuarbeiten. TeamViewer bietet dafür cloudbasierte systemunabhängige Softwarelösungen, die weltweit auf 2,5 Milliarden Geräten eingesetzt werden. Reiner IT-Support ist eine wichtige Anwendung, macht aber nur noch knapp die Hälfte des Umsatzes aus. Im Vergleich zu den modernen technischen Möglichkeiten zählen solche Remote-Access-Lösungen je nach Unternehmensgröße der Kunden inzwischen eher zu den Basis-Leistungen, die anfällig für Konkurrenzprodukte sind.

Deshalb setzt TeamViewer jetzt stärker auf die Verbindung von Maschinen. Im letzten Jahr wurde das Unternehmen strategischer Partner des deutschen Softwarekonzerns SAP. CEO Oliver Steil befördert TeamViewer mit der Verstärkung der Augmented Reality Technologie in die erste Reihe technischer Supportlösungen. Markus Herrmann stimmt mit der Einschätzung des Aufsichtsrates über die Strategie überein. „Ich sehe das Vorgehen im Unternehmen positiv. Wie im Sport gilt: es ist besser, das Team anzupassen als später festzustellen, dass man in der falschen Liga spielt.“

Ist TeamViewer noch in der Champions League?

„Aktuell negative Kommentierungen der Aktie fokussieren stark auf kleine und mittlere Unternehmen, die bei einer wirtschaftlichen Verschlechterung zum Sparen gezwungen sein könnten.“ so der Fondsmanager des LOYS Premium Deutschland Fonds. „Das ist für mich nicht entscheidend. Der Umsatz mit größeren Konzernen, das sogenannte Enterprise-Geschäft war 2021 eindeutig der stärkere Wachstumstreiber für TeamViewer.“ Der Vorstand setzt bei seiner Mittelfristprognose Steigerungsraten zwischen 17 und 19 Prozent pro Jahr an. Der Verlauf der letzten Quartale bestätigt zudem den eingeschlagenen Sparkurs: das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen erholte sich nach dem Rückgang auf gut 30 Prozent zuletzt auf etwas über 50 Prozent. „Auch wenn die Profitabilität noch nicht wieder auf dem Niveau zur Zeit der Börseneinführung ist, leite ich daraus ab, dass mit den bisherigen Veränderungen die richtige Richtung eingeschlagen wurde.“ kommentiert Markus Herrmann die Zahlen.

Gerade an der Entwicklung von TeamViewer zu einer globalen Techmarke scheiden sich die Geister. CEO Steil verteidigt den Abschluss der teuren Sponsoring-Verträge mit dem Argument, seine Reichweite weltweit zu erhöhen. Dazu gehöre eine Präsenz über die reine Tech-Community hinaus. Diese Strategie soll Hand in Hand gehen mit der Neukundengewinnung durch die globalen Partner wie SAP, Microsoft oder Google. Tatsächlich lässt sich anhand dieser Starpartnerschaften nachvollziehen, dass das Gesamtpaket an strategischen Entscheidungen bislang richtig war. TeamViewer ist seit den Anfängen 2005 von einer kleinen IT-Support Firma zu einem weltweit agierenden Softwareunternehmen mit über einer halben Milliarde Euro Umsatz aufgestiegen. Augmented Reality-Lösungen ermöglichen Support-Leistungen in einem breiten Spektrum an industriellen Umgebungen. Alles deutet darauf hin, dass die übergeordnete Strategie richtig ist, aber ein einzelnes Jahr operativ daneben ging.

Ein Jahr macht keinen Unterschied

Trotz aller Schwierigkeiten konnten sich TeamViewer-Aktionäre seit 2016 über eine kontinuierliche Steigerung des Cashflow von knapp 80 Millionen Euro auf inzwischen fast 200 Millionen Euro freuen. Insofern ist es unlogisch, das ganze Geschäftsmodell infrage zu stellen. „Aber am Markt sind die Wachstumsperspektiven von TeamViewer bei einem KGV von nur noch 12 komplett ausgepreist.“ so Herrmann.

Das Unternehmen hat darauf mit Aktienrückkäufen reagiert. Der Vorstandsvorsitzende setzte vor kurzem mit einem eigenen Aktienkauf im Wert von über 1 Million Euro noch einen drauf. Für Herrmann ein weiteres Zeichen dafür, dass die Bewertung an der Börse nicht stimmig ist mit den Aussichten der längerfristigen Unternehmensentwicklung. Er vergleicht die Situation mit dem Besitz einer vermieteten Immobilie: „Wenn ich in einem Jahr einen Mietausfall habe und vielleicht noch Reparaturaufwand, dann verliert das Haus dadurch nicht gleich 80 Prozent an Wert.“ So sollte auch die Aktienbeteiligung an einem Unternehmen beurteilt werden. Wenn das Geschäftsmodell sicher genug gemauert ist, dann reißt ein einzelnes schlechtes Jahr kein Loch in die Wand.