Gürtel enger schnallen

Sieht man sich die Schlagzahlen der Medien an, dann könnte man meinen, man sei in einem Wunschkonzert. Der Agrarminister fordert die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Obst. Sein Kollege der Arbeitsminister fordert höhere staatliche Zuschüsse zur Rente. Auch eine Erhöhung der Pendlerpauschale wird für wünschenswert erklärt, ebenso ein Heizgeld. Der Bundeskanzler will nicht weniger als 100 Milliarden Euro zusätzlich zum jährlichen Wehretat für die Bundeswehr ausgeben.

Freilich soll dafür am Sozialstaat kein Cent eingespart werden. Derweil bereist die Außenministerin die Welt und verspricht überall größeres finanzielles Engagement Deutschlands. Robert Habeck, der Wirtschafts- und Klimaminister, schüttet das Füllhorn deutscher Steuergelder für Erdgas aus Qatar und Texas aus. Unterdessen erklärt der Finanzminister, Deutschlands finanzielle Kapazitäten seien endlich. Ungeachtet dessen will der Staat jetzt groß in Entladeterminals für Flüssiggas investieren. Und die in Insolvenz geratenen MV-Werften in Wismar und Warnemünde sollen wohlmöglich künftig von der Bundeswehr – sprich vom Steuerzahler – weitergeführt werden.

Wie oft im Leben ist es wichtiger, ein Ohr dafür zu entwickeln, was nicht gesagt wird gegenüber dem ritualisierten Fordern vom Staat.  Für eine solide Haushaltspolitik gibt es so gut wie keine Anreize. Einsparungen sind beim Wähler nicht beliebt, weshalb Wahlversprechungen in aller Regel der Schlüssel zum Wahlerfolg sind. Das müsste nicht so sein, wenn etwa der Beschluss von Ausgabenprogrammen sogleich zu höheren Abgaben beim Bürger führen würden. Es ist die permanente Schuldenfinanzierung, die den Zusammenhang zwischen Ausgaben und Abgaben vernebelt und deshalb weltweit Hochkonjunktur hat.

Jetzt, wo die Zinswende am langen Ende des Kapitalmarkts eingetreten ist, fällt die Chimäre einer ´schwarzen Null´ und ausgeglichener Haushalte zusammen wie ein Kartenhaus. Weil Bund und Ländern in Zukunft steigende Zinsausgaben ins Haus stehen, zerbröselt das realitätsfremde Selbstbild vom soliden Haushälter.

Zwar gelingt dem Staat in Hochinflationszeiten vor allem durch die kalte Progression eine reale Nettoentschuldung, allein der Wohlstand der Bürger schwindet dahin. Angesichts der trüben Aussichten müsste der Staat eigentlich vorangehen und den Gürtel deutlich enger schnallen. Verkleinerter Bundestag, Schrumpfung von Bundesbank, Öffentlichem Rundfunk, BaFin und vielen anderen Mega-Behörden wären angesagt. Aber der Staat will wachsen, denn das bringt mehr Posten und Geld. Bei den privaten Unternehmen der Wirtschaft ist es nicht anders, auch sie wollen wachsen und wertvoller werden. Im Gegensatz zum Staat müssen sich Unternehmen Produkte und Dienstleistungen ausdenken, die in den Augen potentieller Nutzer vorteilhaft sind. Das reicht für einen Erfolg am Markt aber nicht hin, auch die effiziente Bereitstellung der Erzeugnisse gehört zu den Erfolgsfaktoren. Zu den Stärken von Unternehmen zählt mitunter auch die Fähigkeit, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Kosten zu senken. Hier könnte der Staat viel lernen von gut geführten, privaten Unternehmen. Jene Unternehmen, die sich besonders gut an die wechselnden Umfeldbedingungen anpassen können, besitzen langfristig Vorteile. Für Staaten dürfte Nämliches gelten.

Die gegenwärtige Börsenbaisse sorgt auch bei starken Unternehmen für fallende Kurse. Wenn es uns im Hause LOYS gelingt, unbeirrt von den Sirenenklängen des Zeitgeistes auf die Quadriga aus Qualität, Unterbewertung, Streuung und Zeit zu setzen, dann muss uns vor den kommenden Monaten nicht Bange sein.


Ihre

Fondsmanager und Mitinvestoren

Dr. Christoph Bruns               Ufuk Boydak       

Chicago,                                    Frankfurt a.M. am 30.04.2022