Der Deutschland-Fonds: Deutschlands Innovationspotential steckt nicht im DAX

Markus Herrmann von der LOYS AG über die Faktoren für den langfristigen Erfolg von Aktieninvestments und ob der neue Dax davon profitieren kann.

Je kleiner Unternehmen sind, desto flexibler können sie reagieren. Wenn sie eine bestimmte Größe erreicht haben, können sie das Geschehen in ihrem Marktumfeld sogar direkt zu ihren Gunsten beeinflussen. Dazwischen liegen aber noch bestimmte Geschäftsmodelle, die besonders spannend sind, weil sie die positiven Eigenschaften dieses Spektrums auf sich vereinen. Sie erzielen Erfolge, indem sie als kleines Unternehmen innerhalb eines gut abgesteckten Rahmens sehr anerkannte Produkte anbieten und so den Markt dominieren bzw. gestalten. Dafür sind vor allem deutsche Mittelständler bekannt, die in deutschen Börsenindizes MDAX und SDAX vertreten sind.

Positionierung als Langfristinvestor

Einige von ihnen sind nach der Umstellung des DAX Index auf 40 Werte nun in der ersten Börsenliga vertreten. Damit werden sie aber aus Sicht von Markus Herrmann nicht automatisch interessanter. Der Börsenprofi für europäische Nebenwerte verwaltet einen Fonds für deutsche Aktien, der fast vollständig ohne Titel aus dem DAX auskommt und das mit gutem Grund.

Werttreiber sind für Herrmann vor allem dynamische Management-Strategien. Dabei muss es sich nicht immer um Technologiewerte wie an der Nasdaq handeln, deren Bewertung schon das Wachstum der nächsten Dekade vorwegnimmt. Der breite deutsche Aktienmarkt bietet einen Mix aus Wachstums- und Innovationspotential bei immer noch günstigen Kurs-Gewinn-Verhältnissen. Oben auf der Liste des Deutschlandfondsmanagers stehen Unternehmen mit einem hohen Free Cashflow, die die Modernisierung der deutschen Wirtschaft vorantreiben. Diese sind überwiegend nicht in bekannten Aktienindizes enthalten und einem breiten Anlegerkreis zunächst unbekannt. Darin liegt aber auch ein Vorteil. Je weniger Aufmerksamkeit eine Aktie von Analysten und Investoren erhält, desto größer ist die Chance, sie zu einem guten Preis zu erwerben.

Markus Herrmann hat seine Selektionsmethode über viele Jahre hinweg akribisch entwickelt. Dabei setzt er bei den Unternehmen konsequent auf strukturelles Wachstumspotential im operativen Geschäft, das an der Börse noch nicht seine volle Bewertung erreicht hat. Gerade die deutschen Mittelstandswerte bieten aussichtsreiche Investmentmöglichkeiten, wie man am Wertzuwachs der DAX-Aufsteiger sieht. Einige davon haben ihren Marktwert über einen Zeitraum von fünf bis sechs Jahren sogar mehr als vervierfachen können.

Gute Unternehmen werden Indexaufsteiger

Unternehmen, die gut geführt werden, steigen über die Zeit im Wert und schaffen es an der Börse bis hin zum Eintritt in ihren Leitindex. Ein gutes Beispiel dafür ist HelloFresh, der deutsche Lieferdienst für Kochboxen. Abonnenten des Service lassen sich Rezepte wie Zutaten für Gerichte zum Selbstkochen frei Haus liefern. Seit seiner Gründung vor zehn Jahren hat das Unternehmen seinen Umsatz von nur wenigen Millionen auf fast 4 Milliarden Euro gesteigert. Die Unternehmensbewertung wich aufgrund der Unwägbarkeiten entsprechend stark vom Zielwert ab.

Mit dem DAX-Aufstieg schließt sich jetzt ein guter Teil von der bestehenden Bewertungslücke. Die zunehmende Bekanntheit sowie die inzwischen erreichte Profitabilität haben das Papier für einen breiten Kreis von Anlegern investierbar gemacht. Je stärker es nun in den Portfolios vertreten ist, desto weniger Aufholpotential steckt in der Aktie. Für viele Indexaufsteiger gilt daher: hinterher ist die Luft raus. Bei dem Geschäftsmodell von HelloFresh dürften die Zukunftsaussichten aus Sicht von Herrmann zwar grundsätzlich gut bleiben und damit auch die Wachstumsaussichten. Es lohnt aber trotzdem weiterhin eher der Blick auf kleinere Werte, die diesen Weg noch vor sich haben.

Vom Aufstiegsmarathon den Anfang mitnehmen

Für Herrmann ist die Zusammensetzung des DAX Index, trotz seiner Erweiterung auf 40 Werte, noch zu eng gefasst, um die Stärke der deutschen Wirtschaft wirklich abzubilden. Traditionelle Geschäftsmodelle wie Banken und Versicherer oder die Autoindustrie werden auch weiter die Branchenstruktur dominieren. Es fällt aber auf, dass die Liste der Indexaufsteiger zunehmend innovative Aktien enthält, wie beispielsweise das Biotechnologie- und Diagnostikunternehmen Qiagen oder den Online-Modehändler Zalando. Darin spiegelt sich mit großer Zeitverzögerung viel von der disruptiven Wirkung neuer Technologien im DAX wider, die ihren Anfang in sogenannten Nebenwerten nahm. Aus Sicht von Herrmann ist deshalb ein Investment in deutsche Aktien lukrativer, wenn man am Anfang des Aufstiegsmarathons investiert und nicht beim Zieleinlauf.