Amerikanische Konjunktur - Keulenhieb für Prognostiker?

Von dem konjunkturellen Weltbild, welches sich die meisten Finanzinstitute und deren Volkswirte in den vergangenen Monaten gemacht hatten, musste im Monat Mai einstweilen Abstand genommen werden.

War man bislang davon ausgegangen, dass die Vereinigten Staaten in diesem Jahr mit robustem Wirtschaftswachstum aufwarten würden, so traf die Veröffentlichung schwacher Zahlen zum ersten Quartal die Prognostiker wie ein Keulenhieb. Anstatt einer aufwärtsgerichteten gesamtwirtschaftlichen Entwicklungstendenz musste eine Schrumpfung um beachtliche 0,7% veröffentlicht werden. Schlimmer noch: Die eilfertig herbeizitierten Begründungen für das schwache Wachstum, die auf extremes winterliches Wetter und einen Hafenarbeiterstreik in Kalifornien verwiesen, wurden inzwischen von ebenfalls dürftigen Aprilzahlen widerlegt.

Instruktiv für das Verständnis der amerikanischen Wirtschaftsschrumpfung im ersten Quartal dürfte der Blick in die Zahlen zur US Handelsbilanz sein, wo sich für den März ein Defizit von 51,4 Mrd. USD zeigte. Allem Anschein nach bereitet der aufgewertete US-Dollar der US-Wirtschaft mehr Schwierigkeiten, als es die Volkswirte die Börsenwelt glauben machen wollten. Hinzu dürfte der scharfe Einbruch bei den Aktivitäten im Öl-Sektor kommen, denn in diesem großen Sektor der Wirtschaft sind Investitionen und Beschäftigung in den vergangenen sechs Monaten ganz erheblich zurückgegangen. 

Markanter DAX-Rückschlag im Mai

 

Zur gleichen Zeit konnten die Länder Europas etwas bessere Wachstumszahlen für das erste Quartal vorlegen. Sieht man von Griechenland ab, wo die zu Jahresbeginn noch existenten Wachstumshoffnungen durch die neue Regierung unter Ministerpräsident Tsipras erstickt wurden und rezessive Tendenzen zurückgekehrt sind, ergaben sich auch mancherlei positive Überraschungen, wie z.B. das anziehende Wachstum in Frankreich. Bedeutsam dürfte die Entwicklung Großbritanniens sein, denn nach der deutlichen Wiederwahl von David Cameron als Ministerpräsident bestehen auf der Insel jetzt klare und stabile Verhältnisse. Und wenngleich das britische Mehrheitswahlrecht die Probleme dieses Wahlsystems offenbar werden ließ, zeigt doch die seitherige Aufwertung des britischen Pfundes, wie beruhigt die Finanzmärkte bezüglich des Wahlausgangs sind. 

An den Börsen der Welt ergab sich unterdessen ein gemischtes Gesamtbild. Während die Zinsmärkte eine kräftige Korrektur ihrer vierunddreißigjährigen Hausse ertragen mussten, zeigten sich die Aktienmärkte vor allem in Übersee weitgehend stabil. Eine besondere Ausnahme dieser Stabilität stellte Deutschland dar, wo der DAX einen markanten Rückschlag von seinen vorangegangenen Hochs hinnehmen musste. Demgegenüber setzten die asiatischen Börsen ihren Aufwärtstrend recht ungerührt fort. Vor allem die großen Börsen in China und Japan erfreuen sich derzeit steigender Beliebtheit.

Zu den unterstützenden Faktoren an den Aktienmärkten zählen neben den Dauerniedrigzinsen besonders die Aktienrückkäufe der Unternehmen und nicht zuletzt die gigantische Übernahmewelle, welche seit vielen Monaten zu beobachten ist. Jüngst bot etwa die amerikanische Monsanto für Syngenta in der Schweiz und Verizon kaufte AOL für 4,4 Mrd. Dollar. Daneben kaufte Danaher den Filterhersteller Pall Corp. und im Energiesektor übernahm Nobel den Wettbewerber Rosetta. Schließlich bot Charter Communications ca. 56 Mrd. Dollar für Time Warner Cable, um nur einige ausgewählte Aktivitäten und deren Dimensionen zu benennen. Selbst der Markt für Neuemissionen entwickelt sich mittlerweile rege, und auch an der deutschen Börse begaben sich mit Windeln.de und Sixt Leasing zwei neue Gesellschaften aufs Parkett. Solange die Zinsen nicht deutlich steigen bleiben Aktienanlagen weitgehend alternativlos. 

Ihre Fondsmanager und Mitinvestoren,


Dr. Christoph Bruns  Ufuk Boydak