Das Inflationsbiest

Bundesfinanzminister Lindner hat einen starken Beitrag zum Wettbewerb „Wort des Jahres“ geliefert, indem er von der Inflation als ´Biest´ sprach. Nun ist es aber nicht so sehr die Aufgabe von Regierungsmitgliedern, markige Worte für ökonomische Sachverhalte zu finden, sondern vielmehr, die Wohlfahrt der Bürger zu mehren. Darauf jedenfalls läuft der Amtseid hinaus, den die Minister bei ihrem Amtsantritt leisten.

Auf dem Feld der Geldwertstabilität ist leider ein Versagen der Verantwortlichen zu konzedieren. Zwar ist hier in erster Linie an die Europäische Zentralbank (EZB) zu denken, deren Mandat darin besteht, Geldwertstabilität zu gewährleisten. Aber auch die jeweiligen Regierungen in den EU-Ländern können einen wesentlichen Beitrag durch ihre Haushalts- und Steuerpolitik zur Geldwertstabilität leisten. Jedoch zeigen die stark steigenden Haushaltsdefizite (trotz sprudelnder Steuereinnahmen) und die enorme Staatsverschuldung, wie es um die fiskalische Disziplin der Regierenden steht.

Gleichwohl muss sich die EZB den Wohlstandsverlust der Bürger qua galoppierender Inflation an das eigene Revers heften. Es ist noch nicht lange her, dass die EZB beschloss, mit Negativzinsen und gigantischen Anleihekaufprogrammen Inflation herbeiführen zu wollen. Heute muss man feststellen, dass ihr dies – wenngleich mit zeitlicher Verzögerung – vollumfänglich gelungen ist. Jetzt aber heißt es wie in Goethes Zauberlehrling:

Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister
werd ich nun nicht los.

Auch im Mai lag die Geldentwertung mit einem Wert von 6,3 % weit oberhalb der selbst gesetzten Zielmarke von 2 %. Der rasche Wohlstandsverlust der Bevölkerung hält also an, nach der Finanzkrise als „Financial Repression“ und aktuell durch stark steigende Verbraucherpreise.

Derweil ließ sich die Europäische Zentralbank soeben für ihr 25-jähriges Bestehen feiern. In den Festreden wurde ein erstaunlich positiver Ton angeschlagen. Selbst mit der Inflationsentwicklung der letzten 25 Jahre zeigte man sich zufrieden, obwohl die Verbraucherpreise seit der Einführung des Euro 1999 um mehr als 50 % gestiegen sind. Dabei blieb zudem unerwähnt, wie gering das Wirtschaftswachstum während dieser Zeit ausgefallen ist. Zu den traurigen Wahrheiten der letzten 25 Jahre gehört das schwache ökonomische Abschneiden der Eurozone verglichen mit jenem in den Vereinigten Staaten von Amerika und China. Dies betrifft sowohl das Wirtschaftswachstum als auch die Vermögensentwicklung der Bürger. Insofern hätte man sich etwas bescheidenere Töne bei den Festrednern gewünscht. Auch sollte die Effizienz und Effektivität des europäischen Notenbanksystems hinterfragt werden. Verglichen mit den USA und China besitzt die Eurozone ein überdimensioniertes Notenbankensystem – jedes Land der Eurozone leistet sich eine eigene und mitunter großdimensionierte Notenbank. Insgesamt hat die EZB der galoppierenden Inflation durch ihre Dauerniedrigzinspolitik und die unerhört hohen Anleihekäufe (´Quantitative Easing´) Vorschub geleistet und dabei den deutschen Zinssparer mächtig drangsaliert. Besser ist es Sachwertinvestoren ergangen, denn Immobilien- und Aktienmärkte konnten im künstlich geschaffenen Umfeld billigen Geldes florieren. Dynamische Sachwerte (solche, die sich an verändernde Rahmenbedingungen anpassen können) markieren offenbar den Königsweg der Kapitalanlage. Diese Erkenntnis bleibt der Leitgedanke der LOYS AG.


Ihre

Fondsmanager und Mitinvestoren

Dr. Christoph Bruns               Ufuk Boydak       

Chicago,                                    Frankfurt a.M. am 31.5.2023